AmeriCar-Life: Mercury Grand Marquis – Nachruf auf einen Lebenden!

Leser-Rubrik: Hier schreibt der Leser!

AmeriCar-Life: Mercury Grand Marquis – Nachruf auf einen Lebenden!: Leser-Rubrik: Hier schreibt der Leser!
Erstellt am 24. Februar 2010

AmeriCar-Life ist die neue Rubrik, in der Leser ihre Fahrzeuge vorstellen oder wie AmeriCar.de-Leser Tim C. Werner einen Bericht über ihr Lieblings-US-Car verfassen. Der Rechtsanwalt aus Frankfurt schreibt eine Ode an den Mercury Grand Marquis.

2007 - Nach dem Ende von Chevrolet Caprice und Buick Roadmaster im Jahr 1996 erwischt es auch den „Crown Vic“, wie der Ford Crown Victoria von seinen Fans genannt wird. Ohne ein Wort des Abschieds wird die Limousine aus dem Ford-Programm genommen und fortan nur noch als Fleet Car, d.h. für Feuerwehr, Polizei und Behörden, angeboten. Gegen die Einstellung des auf der selben Plattform stehenden Lincoln Town Car hagelt es Proteste, so dass die Ford Motor Company zusichert, ein letztes Band im kanadischen St. Thomas (Ontario) noch bis 2011 laufen zu lassen.

Starrachse und ein unzerstörbarer V8

Zwischen den beiden Extremen (Lincoln für den Luxus, Ford für den kleinen Mann) findet sich ein weiteres, ebenfalls auf der „Panther“-Plattform aufbauendes Relikt aus der längst vergangenen Ära der US Fullsize Cars: Der Mercury Grand Marquis, kurz MGM: Body-On-Frame, Starrachse hinten und am anderen Ende der nicht enden wollenden 5,41 Meter langen Karosserie ein unzerstörbarer V8. Vierventiltechnik, verstellbare Nockenwellen und ähnlichen Schnickschnack gibt es nicht, dafür sind Laufleistungen von einer halben Millionen Meilen keine Seltenheit - Heavy Duty meets Low Tech Approach.

Ähnlich einfach gestaltet sich die Konfiguration des Wunschmodells: Während Europäer regelmäßig verzweifeln, wenn es darumgeht, das auserwählte Fahrzeug zusammenzustellen (man schaue nur in die Prospekte der Hersteller wie BMW-Tochter Mini), so ist beim Mercury Grand Marquis alles an Bord: 17“-Alufelgen, Lederausstattung, Klimaautomatik, elektrische Sitze (inkl. dem elektrisch verstellbaren Lendenwirbelschutz), beheizte Außenspiegel, CD-Player und Platz für sechs Personen inkl. 580 Liter Gepäck. Apropos Gepäck: Wer in der kalten Jahrezeit in die Wintersportgebiete aufbricht, der legt (!) sein Equipment einfach in den Kofferraum, Skier bis 1,90 Meter länge finden hier bequem Platz. Und das gilt in Colorado genauso wie in Tirol.

Ein Motor muss reichen und geschaltet wird nicht, das übernimmt die bewährte Vierstufen-Lenkradautomatik: Hier sorgen nicht weniger als 14 Liter Getriebeöl (!) für butterweiche Fahrstufenwechsel. Die Liste der Sonderausstattungen umfasst lediglich sechs Positionen, unter anderem kann man zusätzlich zum digitalen Audiogenuss noch einen Kassettenspieler (die Älteren erinnern sich noch daran) ordern. Unverzichtbar allerdings: Die aufpreispflichtige Sitzheizung. Die Mühe, das Dach aufzuschneiden, um den Wagen um ein Sun Roof zu bereichern, macht man sich schon seit Jahren nicht mehr. Schade eigentlich.

Mercury Grand Marquis ist ein Anachronismus

Das Cop-Car, wie ihn die Amerikaner nennen, ist ein Anachronismus; ich aber finde, Anachronismus (wörtlich übersetzt „gegen die Zeit“) ist ein schönes Wort in einer immer komplizierter werdenden Welt voller selbsttragender Karosserien, voller frontgetriebener Cadillacs, voller vorne quer eingebauter, turboaufgeladener würdeloser Vierzylindermotörchen. Anachronismus heißt für mich: Ich bilde mir nicht ein, dass früher alles besser war, früher war tatsächlich alles besser!

Wer einmal in einem Grand Marquis Platz genommen hat, der steigt nicht mehr um. Nie mehr. Weil er weiß, dass er angekommen ist. Weil er weiß, dass es nichts besseres gibt und vor allem: Dass es niemals mehr etwas Besseres geben wird und es nie vorher etwas Besseres gab.

Mein 1994er Ford Crown Victoria hat weniger verbraucht als ein Golf

Wer ein solches Gefährt – und sei es auch in jungen Jahren – erwirbt, der kann sicher sein, dass noch die Erben etwas davon haben: Der Wagen geht einfach nicht kaputt, Wartung und Ersatzteilversorgung sind einfach und billig. Während europäische Werkstätten nicht selten etliche Arbeitsstunden in Rechnung stellen müssen, um irgendein Kleinstteil zu ersetzen, ist beim Mercury Grand Marquis alles sehr leicht zugänglich und reparaturfreundlich angelegt. Das sollte man mal lobend betonen, anstatt die US-Cars immer wieder als antiquierte Spritfresser zu stigmatisieren (ich selbst habe lange Jahre einen 1994er Ford Crown Victoria mein Eigen nennen dürfen, und der hat weniger verbraucht als ein Golf GTI der aktuellen Baureihe).

Dies alles sorgt dafür, dass die Verkaufszahlen des Mercury nicht sinken. Eine kleine, aber treue Fangemeinde sagt sich immer wieder, wie einst Konrad Adenauer: „Keine Experimente!“ Interessant zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang die sogenannte No-Stock-Policy des Ford-Konzerns: Mercurys stehen nicht im Showroom, sie werden bestellt und dann nach Wunsch produziert. Car-On-Demand, wenn man so will. Für gut 29.000 US$ (21.000 EUR).



Text: Tim C. Werner

Fotos: Ford

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2 Kommentare

  • wity1

    Wity1

    Die Luxusjacht für den Highway: MEIN 1996 MERCURY GRAND MARQUIS GS Sein Name lässt keinen Zweifel aufkommen, der Mercury Grand Marquis ist von altem Adel. Und als solcher hält man sich gern an traditionelle Gepflogenheiten, als da wären: Größe, Souveränität und Klasse. Aber auch ein prickelnder Schuss „Moderne“ ist dem Ami-Adel nicht fremd. Zum klassischen amerikanischen Fahrzeugbau mit Starrachse und Heckantrieb gesellt sich ein potenter 4,6 Liter V8 aus dem Hause Ford, der im Grand Marquis fürstlich aufgehoben ist. Das Chassisformat des Grand Marquis mit 2,91 m Radstand wurde schon 1978 beim damaligen 79er Modell eingeführt und im Laufe der letzten Jahre haben die Leute von Lincoln-Mercury die viertürige Limousine immer weiter verbessert und auf den heutigen hohen und zeitgemäßen Standard getrimmt. Mein 1996 Mercury Grand Marquis ist eine geräumige, sechssitzige Full-Size Limousine mit selbsttragender Karosserie, V8-Motor und Heckantrieb, folgt also wie auch mein 1979 Ford LTD Landau, ganz den Prinzipien der „Good ol’ Days“, die deswegen allein noch lange nicht überholt sein müssen. Wer einmal das Vergnügen hatte, in einem Grand Marquis dahinzugleiten, weiß, was ich meine. In Verbindung mit einer luxuriösen Ausstattung, ohne viel Schnickschnack, verkörpert dieses Auto Cruising-Fahrspaß pur. Der Grand Marquis ist mit seinen 1723 kg freilich kein Leichtgewicht, abgebremst wird mittels Scheibenbremsen ringsum, die vorn einen Durchmesser von 28,7 cm und hinten von 28,2 cm aufweisen. Der Kofferraum des Fahrzeugs fasst respektable 583 Liter und trotz der Masse einer 5,38 m Karosserie beträgt der cw-Wert nur 0,36. Der 1996 Mercury Grand Marquis wird von Fords 4.6 Liter OHC Modular-V8 Motor angetrieben, der bei 4250 U/min 210 PS leistet und bei 3250 U/min 373 Nm auf die Schwungscheibe wuchtet. Die Kompression beträgt 9.0:1, das 96er Aggregat erhielt eine Einlassspinne aus einem neuen Verbundstoff, bei dem der Durchsatz verbessert wurde. Mein Grand Marquis wurde 1996 in Florida gekauft und kostete damals in der GS Version inkl. Power Moonroof, Power-Seats, Power Mirrors, Keyless-Entry, Klima, ABS, Traktionskontrolle und Chrom-Speichenradkappen $25.168,50 USD zzgl. Transport nach Bremerhafen. Für mich ein guter Deal, der Oberklassenkomfort, V8-Power und klassisches amerikanisches Styling liebt. Fords elektronische Overdrive Viergang-Automatik 4-R70W ist bei allen Grand Marquis Modellen serienmäßig. In Verbindung mit einem optionalen Handling-Package kommt bei der LS Ausstattungsvariante noch eine 3.27:1 untersetzte Hinterachse mit Sperre hinzu, Ledersitze, Gasdruckstoßdämpfer mit automatischem Niveauausgleich, größer Stabilisatoren, eine 225/60R16 Michelin Bereifung auf Alufelgen, sowie eine Doppelauspuffanlage. Im Innern gibt’s jede Menge Komfort für bis zu 6 erwachsene Personen. Der Grand Marquis hat vorn durch die Sitzbankfunktion mit klappbaren MAL und einem Beckengurt einen Sitzplatz mehr als andere Limousinen seiner Klasse, des weiteren analoge oder digitale Anzeigen (mit Message Center), zwei Airbags und eine hochwertige JBL Soundanlage mit Radio/Kassette. Die Türen und die Alarmanlage lassen sich mittels Fernbedienung oder durch das Keypad außen an der Fahrertür bedienen. Statt einer normalen Antenne findet man beim Grand Marquis eine Heckscheibenantenne. Im Lenkrad findet man die Cruise Control Knöpfe für den Tempomaten, das Lenkrad ist höhenverstellbar. Für mich passt der Grand Marquis auch heute noch in die Zeit. Ich hoffe sehr, das er noch ein paar Jahre so weiter gebaut wird, wie er im Moment ist.
  • chevy454

    Chevy454

    Danke, Tim! Obwohl eigentlich Chevrolet-Fan, muß ich mich ganz klar auch als Freund des Crown Vic und seines Bruders Grand Marquis outen! In den Staaten zu zehntausenden im stressigen Polizei- und Taxi-Einsatz unterwegs, absolvieren Crown Vic und Grand Marquis den Alltagsbetrieb absolut easy und bequem! Dazu ist er übersichtlich und nicht zu groß! Und das Preis-/Leistungsverhältnis ist wirklich phänomenal, solange man ihn nicht mit einem Sportwagen verwechselt! Leider ist es mir im USA-Urlaub 1998 nicht gelungen, bei Hertz eines der beiden Fahrzeuge als Mietwagen zu bekommen, dafür gab's aber ein kostenloses Upgrade auf den großen Bruder Lincoln Towncar! Verbrauch auf ca. 5.000 km Überlandverkehr: 9,4 l auf 100 km!

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