Fahrbericht

E wie einfach? Ford Mach-E

Fahrbericht: E wie einfach? Ford Mach-E
Erstellt am 4. Juli 2023

Ende 2019 ging ein Aufschrei durch die US-Car Szene. Der Automobilhersteller Ford präsentierte auf der Los Angeles Auto Show in Anlehnung an den Ford Mustang Mach-1 ein Elektrofahrzeug namens Mustang Mach-E - E für elektrisch.

Was aus der unemotionalen Marketing-Sicht ein kluger Schachzug war, sorgt(e) bei den Mustang-Fans für Aufregung und Ablehnung. Auch ich verweiger(t)e mich, den Namen Mustang und Mach-E in einem Zusammenhang zu erwähnen. Spötter-Sprüche wie "Paart sich ein Brauereipferd mit einem Autoscooter" kamen auf und halten sich bis heute.

Nun, Elektro-Autos sind für viele die Zukunft des Automobils und eine Diskussion darüber kann man sicherlich allabendlich bei Stammtischen führen, genauso wie über die Verwendung des Namen des Traditonsmodells. Mit der früher so oft zitierten "Heritage" hat die Nutzung eines Legenden-Namens nichts gemein und Ford machte nach dem Mustang Mach-E munter weiter: Der elektrische Ford F-150 Lightning oder der neue, elektrische Ford Explorer, der sogar in Köln auf VW's MEB-Plattform gebaut wird, haben nichts mehr mit den ursprünglichen Modellen gemein, mit Ausnahme der Namen natürlich...

Der Mach-E und ich hatten also keinen guten Start und wie heißt es so schön: "Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance", oder vielleicht doch?

Legen wir mal die Diskussion um den Namen zur Seite und analysieren: Der Mach-E ist ein SUV-Coupe mit Elektro-Antrieb und reiht sich in die relativ gleichgesichtige Reihe der Kias EVs, Hyundai und Co. ein. Die Designer haben versucht den großen Namen des amerikanisichen Sportwagens irgendwie in die Form eines SUV zu pressen. An Front und Heck prangen die Mustang-Pferdchen, dazu gab es eine langegezogene "Motor"-Haube und die typischen dreiteiligen Rückleuchten am Heck.

Statt Acht- oder Vierzylinder bringen je nach Variante bis zu zwei Elektromotoren - 269 PS (198 kW) oder 346 PS (268 kW) - den bis zu zwei Tonnen wiegenden Crossover Mach-E auf Touren. Dank des Drehmoments von 430 Newtonmetern (580 Nm bei den Allradversionen) vergehen gerade 5,3 bzw 7 Sekunden zwischen 0 und 100 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit ist für alle Varianten bei 180 km/h erreicht.

Drei Fahreinstellungen - von „zahm“ über „aktiv“ bis „temperamentvoll“ und die Möglichkeit, den elektrischen Crossover allein mit dem Beschleunigungspedal ("One Pedal") zu dirigieren, sind möglich. In letzterer Einstellung verzögert der Fünfsitzer automatisch, wenn der Fahrer den Fuß vom „Gas“ nimmt und speist die Energie in die Batterie zurück.

Als Reichweite verspricht Ford Werte zwischen 440 Kilometern und 610 Kilometern, der jeweiligen Batteriegröße (68 oder 88 kWh) entsprechend. Der elektrische Crossover kommt mit zwei Ladekabeln zu den Kunden. Der Stromverbrauch des Mustang Mach-E beträgt je nach Version zwischen 19,5 und 16,5 Kilowattstunden pro 100 Kilometer.

Neben dem Heimladekabel für die Steckdose in der Garage spendiert Ford Mode-3-Kabel für das schnelle Laden im Netz. Die Ladezeiten schwanken zwischen 45 Minuten von null auf 80 Prozent am Schnelllader oder 4:45 Stunden an der Wallbox. An der 230 V-Steckdose in meiner Garage hingegen erreichte ich rund 10 km Reichweite in einer Stunde ...

"Mit dem Elektro-Auto in den Urlaub zu fahren ist wie Reisen im Mittelalter! Man muss zwischendurch immer wieder das Pferd füttern", Jan Böhmermann bei Inas Nacht.

Der 4,71 Meter lange, 1,88 Meter breite und 1,62 Meter hohe Mach-E kommt mit einem großzügig bemessenen Innenraum, in dem bis zu fünf Erwachsene Platz finden sollen. Allerdings ist der Raum im Fond in Sachen Kopffreiheit durch die tiefergezogene Dachlinie und der Sitzkomfort durch eine Beule unter der mößig gepolsterten Sitzbank eher semi.

Der Fünfsitzer besitzt zwei Abteile für das Gepäck. Der Raum hinter der Heckklappe 402 Liter oder 1.420 Liter, wenn die Rückbank nach vorne geklappt wird. Und damit das für den Stromer unabkömmliche Ladekabel nicht im Kofferraum herumfliegt, kann es entweder unter dem Ladeboden verstaut werden, oder vorne im 81 Liter messenden „Frunk“ – die Kombination von Front und Trunk. Ford preist die MegaBox für nasse Sportbekleidung, schlammige Wanderstiefel oder sandiges Strand-Equipment an, denn diese ist vollständig mit Kunststoff ausgekleidet, auswaschbar und besitzt einen (schlecht gestanzten) Wasserablauf.

Der Mach-E kommt mit Fords jüngster Ausgabe seines Konnektivitätsangebots Sync 4, mit dem sich 80 Funktionen individuell anpassen lassen. Als Basis dient ein Bildschirm mit einer Diagonale von 15,5 Zoll bzw. 39 Zentimetern, der sich wie ein Smartphone bedienen lässt. Herkömmliche Knöpfe und Schalter gibt es nur noch wenige, daher dient das Multimediasystem ebenso als Kommandozentrale für die meisten anderen Funktionen. Und das kann manchmal, wie in unserem Test, ein Problem sein. Plötzlich blieb das Display schwarz und ließ sich auch mit gutem Zuspruch und drehen oder drücken des einzigen mechanischem Teil an dem Display ändern. Dank Googlen war das Problem schnell durch einen Reset über die Lenkradtesten behoben. Das Unterhaltungsprogramm übernimmt eine 560 Watt starke Audioanlage von B & O, die dank des weitestgehend lautlosen Antriebs und der geringen Windgeräusche ihre Stärken ausspielen kann.

Neben der klassischen Schlüsselfernbedienung, lässt sich der E-Ami auch per Klick aufs Smartphone oder durch das Eintippen einer vorher gewählten Zahlenkombination am Rahmen der Fahrertür öffnen. Alternativ springt die Pforte auch per Knopfdruck auf den beleuchteten Sensor auf. 

Das Fahrwerk erreicht einen gelungenen Kompromiss aus Komfort und Dynamik - auch auf den holperigen Straßenabschnitten vermeidet der Mach-E allzu deutliche Rückmeldungen an Fahrer und Passagiere. Die Lenkung agiert präzise, allerdings könnte sie mehr Fahrbahnkontakt vermitteln. Die Bremsen des 2,1 Tonnen schweren Crossovers sind allerdings mehr als gewöhnungsdüftig, packen unarwartet gut zu, lassen sich für mich allerdings schlecht dosieren.

Der Mach-E ist mit heute üblichen Fahrassistenzsytemen ausgestattet, allen voran die Intelligente Adaptive Geschwindigkeitsregelanlage mit Stop & Go-Funktion und Fahrspur-Pilot mit Toter-Winkel-Assistent. Das System soll den gewählten Abstand zum vorausfahrenden Auto konstant einhalten, ist leider aber mal etwas zu lahm und manchmal zu spontan, wenn ein vorausfahrrendes Fahrzeug aus der Spur fährt zum Beispiel. Gut ist, dass das System das Fahrzeug im Stau anhalten und auch automatisch wieder anfahren lassen kann, das konnten bislang weder der Explorer noch der Edge...

Der Pre-Collision Assist mit Querverkehr-Erkennungssystem identifiziert potenzielle Kollisionen mit anderen Fahrzeugen, Radfahrern oder Fußgängern. Über Radarsensoren erfasst das Fahrzeug zudem Verkehr von der Seite (Stichwort Querverkehr). 

Alles in Allem ist der Ford Mach-E ein gutes, modernes Auto. Der Preis für den elektrischen Crossover liegt in der Basis bei 56.500 Euro, der Basis-Preis unseres Testwagen mit 75,7 kWh Batterie und 198 kW Heckantrieb lag bei 62,950 Euro, dazu kamen das Technologie-Paket I für 2.500 Euro und der Aufpreis für das "Rapid Red"-Metallic in Höhe von 1.200 Euro. So ergibt sich ein Endpreis von 66.650 Euro.

19 Bilder Fotostrecke | Fahrbericht: Ford Mach-E #01 #02

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