Mehr als Country & Western: 1970 Chevrolet C20 Pick Up

Ein amerikanischer Pick Up für alle Fälle!

Mehr als Country & Western: 1970 Chevrolet C20 Pick Up: Ein amerikanischer Pick Up für alle Fälle!
Erstellt am 6. Oktober 2011

Chevrolet Trucks – „Like a Rock“, Our Country, My Truck” oder “America's Best Trucks” – Slogans die die amerikanischen Autos bzw. Pick Ups bis heute bezeichnen. Der hier gezeigte 1970er Chevrolet Truck der Serie C20 basiert auf der 1967 neu designten Ausführung der in den USA beliebten Pick Ups und ist einer der Vorgänger der Lastwagen, die heute auf den Namen Silverado hören. Bei den klassischen Chevrolet Pick Ups sind sicherlich die Serien Advance Design (ab 1948) und Task Force (ab 1954) sowie der Apache (ab 1958) die beliebtesten amerikanischen Autos. Doch auch in den Sechzigern und Siebzigern hat der US-Car Hersteller schicke Laster gebaut, die immer mehr in den Fokus des Fans geraten, wie z.B. der 70er Chevrolet Pick Up, den wir Euch diese Woche auf AmeriCar.de präsentieren…

Das 1970er Chevrolet Modell übernahm weitestgehend das Design vorherigen Modelljahrs, die wenigen Änderungen bezogen sich auf einige Leisten oder den Grilleinsatz. Es gab den Pick Up in den Serien C10, C20 und C30 – also als Halb-, Dreiviertel- oder 1-Tonner mit Heckantrieb (und als K.. mit Allradantrieb) sowie mit gerade Ladefläche (Fleetside) und Ladefläche mit „Stufe“ (Stepside).

Ladefläche – auch für Hunde!

Es gab aber – im Gegensatz zur heute - allerdings nur eine Kabine – keine Doka oder 1-1/2-Kabine für etwas mehr Raum – der Laster-Freund musste sich mit einer durchgehenden Sitzbank begnügen, hinter der Bank hatte allenfalls ein Gewehr Platz, der treue Vierbeiner musste - wenn kein Platz mehr vorne im Innenraum war - mit der Ladefläche Vorlieb nehmen, wie der kleine Kerl hier auf unseren Fotos…

Vom Reihensechser bis zum Big Block!

Unter der Haube der Laster steckte in kleinsten Version ein Reihensechszylinder mit 250 ci Hubraum, optional bot Chevrolet eine große Auswahl an V8-Motoren –vom 307 ci über 350 ci bis hin zum neuen 402 ci-Big Block, der den noch in 1969 verfügbaren 396er ersetzte. Die Kraftübertragung übernahm wahlweise ein Viergang-Schaltgetriebe oder die beliebte Dreistufen-Automatik. Hier werkelt der 402-Big Block, der seinerzeit noch als 396er beworben wurde, gekoppelt an die klassische TH-350 Automatik.

Farmer’s Truck & Camper

Neben dem Einsatz auf Farmen und für Cowboys diente der Chevrolet Pick Up auch als ideales Fahrzeug für Camping-Freunde, die nicht mit Zelt oder Wohnwagen unterwegs sein wollten. Seinerzeit fand nämlich die so genannte Camper Cabin, eine abnehm- bzw. absetzbare Wohnkabine, viele Freunde. Auch der hier gezeigte Chevy Truck diente noch bei einem amerikanischen Bauern sondern hatte ursprünglich einen Camper Aufbau, allerdings wenige für Urlauber denn als Arbeitsfahrzeug für eines für die Ölindustrie arbeitenden Ingenieurs, der in Kalifornien Bodenproben vor Ort untersuchte.

Der Truck wanderte in die Hände von Marc Schaefer, der Wahl-Amerikaner fand der Pick Up auf dem Weg von Oregon zurück nach Texas, wo Marc Firma Estatewheels seinen Sitz hat. „Wir kamen gerade mit einem frisch erstandenen 68er Lincoln von einer Haushalts Auflösung an der West Küste und suchten ein geeignetes Transportgefährt für die nun anstehende Schrottplatz-Tour durch die Desert States“, erklärt der 41-Jährige. Auf einer Equipment Auction im Norden San Franciscos zwischen Lawn Moovern, Mähdreschern und anderen FarmUtilities fand der gebürtige Deutsche, der jetzt in Houston, Texas lebt, den grünen 70er Chevrolet C20. „Er sah bis auf vertretbare Gebrauchsspuren Daseins als Arbeitstier gut aus“ – der Truck diente als Laborwagen eines für die Öl-Industrie arbeitenden freien Ingenieurs.

40 Jahre lang hatte der Pick Up einen Camper Aufbau, in dem Bodenproben vor Ort analysiert wurden, daher war der Holzboden der Ladefläche mangels Verdunstungsmöglichkeit unter der nun fehlenden „Camper Cabin“ stark marode. „Der Rahmen, der unter den bröseligen Hartholz Latten hervorschaute sah -angestrahlt von der kalifornischen Sonne – war zwar etwas verstaubt, aber aus wie neu“, berichtet Marc. „Die 67-72er Chevy Trucks gelten als robuste Arbeitstiere die auch heute noch vielerorts im Westen im Einsatz sind. Die Ersatzteil Versorgung ist brillant und günstig“, erklärt er weiter!

Als ¾ ton „Custom Camper“ ist der Pick Up ausgestattet mit dem 402 ci Big Block mit 4BBL und Doppelrohrauspuff. „Uns kam er als ‚Scrap Metal Hauler‘ wie gerufen“, meint Marc, der noch auf die originalen „Black Plates“ (Kalifornischen Kennzeichen von damals), die den Truck im Title als Erste Hand Fahrzeug auswiesen, verweist. „Also haben wir spontan entschlossen, uns bei der Auction anzumelden und auf ihn mitzubieten.

Der Auktionator fuhr langsam, fast in Zeitlupe, auf der Ladefläche eines 60er Jahre International Trucks an den einzelnen Positionen auf dem großen Areal vorbei und näherte im sich im buchstäblich fortfahrenden Amt seiner Tätigkeit im Schritttempo der Auctions Nummer #1135, unserem Objekt der Begierde, während wir noch hastig das Anmeldeformular ausfüllten“, erinnert sich der Wahl-Texaner. „Wir bekamen die Bieter-Nummer #402, die Cubic Inch Zahl des Chevys -wenn das keine Glückszahl ist!“

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Spannende US-Car Auktion

„Die Menschentraube von Bietern folgte dem so genannten Auctioneer wie eine brave Schafherde von Item zu Item während der knorrige alte Mann mit Strohhut und Elvis-Koteletten auf der Ladefläche unter seinem ausgebleichten Sonnenschirm scheinbar ohne Luft zu holen, fast gebetsmühlenartig seine zungenbrecherischen Zahlenreihen in sein Megaphone schnatterte. Dabei hebt oder senkt sich ein mehr oder weniger dichter Wald an hochgestreckten Nummern Täfelchen bis am Ende eine letzte Hand oben bleibt und den Zuschlag bekommt.

Das abgegriffene Megaphone das so alt aus sah wie der Sprecher selbst wurde nun immer lauter, die Menschenmenge kam immer näher, das nagelnde Klappern der verschlissenen Hydrostößel des alten International Trucks, der wohl als letzter Posten versteigert werden wird wenn er seinen Dienst als fahrbare Bühne für den Auctioneer getan hat, war nun so laut wie der Sprecher selbst“, berichtet Marc, den nur noch ein Posten mit 3 John Deere Aufsitzmähern von dem Chevy Pick Up trennte.

„So, jetzt gilt’s, Zettel hoch und nur noch darauf konzentrieren, wann unser Limit erreicht ist und dann schnell den Arm runternehmen oder eben als Käufer notiert werden“, erklärt Marc das Procedere bei der Auktion. „Ein Arm nach dem anderen senkte sich, je höher die Zahlen durchs Megaphone krächzten - und eh wir wussten wie uns geschieht war unsere Nummer notiert, wir hatten den Zuschlag!“ Der Tross an Leuten, der eben noch den Chevy komplett umringte zog mit gleichem unbeeindruckten Schritt Tempo zum nächsten Posten, einem antiken Saatgut Waschgerät weiter und Marc und seine Begleitung blieben zurück: „Der C20 schien uns nun fast schon anzugrinsen mit seinem breiten offenen Chromgrill.“

So schnell kauft man amerikanische Autos!

Schnell wurde ein Cashier Check für Schlüssel und Papiere ausgestellt und dann marschierte Marc zurück zum Truck: Der Schlüssel passt, ein erster Blick unter die verfilzte Satteldecke offenbarte, dass die Sitzbank neu bezogen werden muss, ein weiterer Blick unter dicke Gummimatte, die irgendwann den originalen Teppich ersetzt hat, zeigte kerngesundes Blech in der im Innenraum, ab Werk üblich schlampig aufgetragenen Originalfarbe. „Die Kabine war absolut trocken und rostfrei. Den Motor konnten wir ja schon vor Gebot optisch begutachten dank außenliegenden Haubenverschluss. Nun kam der Augenblick der Wahrheit, läuft er oder haben wir ‘ne Schubkarre gekauft?“

Marc besteigt die Kabine und tritt auf‘s Gaspedal, um die Choke Klappe zu schließen und dreht beherzt den Zündschlüssel auf Ignition – eine kurze Sekunde Ernüchterung : „Die Batterie schaffte es gerade mal, den Anlasser mit einem beherzten „KLACK“-Geräusch dazu zu überreden, die Kurbelwelle eine halbe Umdrehung zu vollziehen… doch ehe ich das Wort ‚Battery‘ aussprechen konnte schaffte sie es noch eine schwerfällige Umdrehung hinterher zu legen und siehe da, es reichte gerade um den Big Block zum Leben zu erwecken“, berichtet Marc.

„Mit einem lauten WRROMMM sprang der Motor an und werkelte mit gefühlten 1100 Umdrehungen Leerlauf vor sich hin“, sagt Marc. Eine schwarze Rauchwolke bezeugte eine viel zu fette Vergaser Einstellung, aber für‘s Erste beherzigten die beiden den Grundsatz „Never change a running system“. Warmgelaufen offenbarte sich der Wagen mit optimalen Flüssigkeitsständen als kerngesundes amerikanisches Auto und mit ruhigem Lauf.

„Die Jungfernfahrt zum Motel war ein echter Genuss. Der 402 ci V8 sorgte für satten Vortrieb, das Getriebe schaltete so butterweich, dass wir lange konzentrieren mussten, um heraus zu hören wann es in den dritten Gang wechselte. Die vier Trommelbremsen bissen so beherzt zu, dass es uns anfangs bei jedem Bremsvorgang aus der Sitzbank hob“, erklärt der 41-jährige Auto-Experte. Der C20 war ohne Veränderung bereit für den Long Distance Trip nach Texas, nur ein neue Batterie wurde ihm spendiert, alles weitere zur Optimierung wollten die beiden auf der Fahrt herausfinden und festlegen.

Der amerikanische Pick Up bekam eine optische und technische Überarbeitung

Nach 6 Tagen und 4.000 zurückgelegten Meilen ohne Probleme kamen Marc und seine Begleitung wohlbehalten in Houston an. Nun wurde auf der Hebebühne zusammengestellt, was alles erneuet wird und die entsprechenden Teile bestellt. „Wie bei jedem Fahrzeug, das wir erhalten, wurde auch bei dem C20 vor der Verschiffung alles auf Herz und Nieren geprüft und Verschleiß kompromisslos erneuert - nach Maßstäben des deutschen TÜV und in Hinblick auf alltagstaugliche Zuverlässigkeit - dafür steht unser Name seit vielen Jahren“, erklärt Marc von Estatewheels.

Da der Chevy in einem gut gepflegten, technischen Zustand war benötigten die Wahl-Amerikaner lediglich Stoßdämpfer, Stabilisator-Stützen, Zündkerzen und ein paar Dichtungen. Die Innenausstattung wurde komplett zum Originalzustand erneuert, von der Sitzbank über Teppich, die Chromteile am Armaturenbrett, alle Griffe und Manschetten, Pedal Gummis, Handschuhfach bis zu den Türgriffen. Der Innenraum entspricht nun quasi einem Neuwagen. Das fehlende originale Radio wurde auf eBay gefunden und die Holz Ladefläche mit geölter Douglasie nach Ankunft in Deutschland komplett erneuert.

Neues zuhause in der Schweiz

„Der Truck ist eins von den Fahrzeugen, von denen ich mich mal wieder sehr ungern trenne“, erzählt Marc, bei dem der Chevy einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat: „Er ist der erste und einzige Wagen, den wir bis heute hatten, der schon bei der kleinsten Berührung des Zündschlüssels sofort anspringt, ohne zu orgeln!“. Das amerikanische Auto kam schließlich ohne Mängel durch die technische Prüfung beim TÜV und hat nun ein gutes neues Zuhause in der Schweiz gefunden



Text: Thomas Frankenstein, Marc Schaefer

Fotos: Marc Schaefer (www.estatewheels.com)

AmeriCar-Facts:

1970 Chevrolet C20 Pick Up

Antrieb: OHV-V8, 402 ci, 6587 ccm, 300 PS, Rochester-Vierfach-Vergaser; Drei- Stufen-Automatikgetriebe, Hinterradantrieb

Fahrwerk: Vorne Einzelradaufhängung, Schraubenfedern, Monroe-Gasdruckdämpfer, Stabilisator, Trommelbremsen; hinten Starrachse, Längslenker, Schraubenfedern, Monroe-Gasdruckdämpfer, Trommelbremsen

Räder: 8x16“-Leichtmetallfelgen mit Dominator Radial 265/75 R16

Sonstiges: Auto von Estatewhweels importiert

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