Survivor: 72er Chevrolet Corvette

Seltenes US-Car, aber leider (noch) nicht unter Artenschutz…

Survivor: 72er Chevrolet Corvette: Seltenes US-Car, aber leider (noch) nicht unter Artenschutz…
Erstellt am 17. Juni 2010

Die dritte Generation der Chevrolet Corvette zählte einst zu der beliebtesten, doch heutzutage ein solches Modell, zumal eines der ersten Modelljahre mit Chrome-Bumper und im originalen Zustand zu finden, ist nicht so einfach. Das musste auch Rechtsanwalt Edgar Fiebig aus Herten feststellen – zwei lange Jahre dauerte seine Suche nach einem geeigneten Exemplar, das wir auf AmeriCar.de diese Woche als „Auto der Woche“ präsentieren...

Wie eigentlich bei jedem Generationswechsel – auch bei der Corvette – ist das Geschrei in der Fangemeinde und Presse groß. Auch die US-Car- und Corvette-Fans hatten Ende der 60er Jahre mit dem neuen Look des America's Sport Car Number One anfangs ihre Probleme, war die neue „Shark Generation“ mit ihrem Coke-Bottle Hüftschwung optisch stark verändert.

Die 3. Corvette Generation hat heute viele (US-Car-)Fans

Im Gegensatz zu dem neuen Design außen übernahm GM größtenteils die bekannten Antriebe unter der Glasfaser-Karosse: Ein 327 ci V8 mit 300 bzw. 350 PS, sowie ein 427-ci Big Block mit 390 bis 435 PS. Als Schaltgetriebe übernahm man das Viergang-Muncie. Ausnahme war die Automatik. Hier ersetzte die neue TH-350 Dreistufen-Automatik die bewährte zweistufige Powerglide.

Neuheiten allen Ortens

Auch bei den Corvetten kam das neue bei vielen amerikanischen Autos aus dem GM-Konzern im 68er Modelljahr neu eingeführte Astro-Ventilation System zum Einsatz, das eigentlich nur die kleinen seitlichen Lüftungsfenster entfallen ließ. Neuheiten waren die nun serienmäßigen ohne Aufpreis erhältlichen Sicherheitsgurte mit (separatem) Schulterriemen. Andere neue Features waren u.a. eine Heckscheibenheizung und AM/FM Radio. Das Fahrwerk mit Einzelradaufhängung bekam straffere Federn um die Nickbewegungen – gerade bei stärkerer Beschleunigung – zu verringern. Damit und zusammen mit der breiteren Spur und den neuen 7“ breiten Räder bekam die Corvette ein besseres Fahrverhalten, das manchen etwas zu straff war.

Dieses amerikanische Auto war der Hit

Allen Jammern zum Trotz, die Corvette verkaufte sich besser denn je und sorgte im 68er Modelljahr für einen neuen Rekord mit 28.556 Einheiten. Kein Wunder, dass die Veränderungen zum nächsten Modelljahr, für die die amerikanischen Autohersteller normalerweise bekannt sind, eher sanft ausfielen. Die meisten gingen auf die Bemängelungen der Kunden und der Fachpresse ein, so wurde das Lenkrad etwas vergrößert und die Türverkleidungen schmaler ausgeführt um den Insassen mehr Platz zu bieten. Das Zündschloss wanderte zudem vom Armaturenbrett zur neuen Sicherheits-Lenksäule.

Stingray statt Sting Ray

Beim Exterieur hielten sich die Änderungen ebenfalls in Grenzen. Sicherlich auf den ersten Blick fallen die wieder verwendeten Stingray Embleme auf, nun in einem Wort oberhalb der seitlichen „Kiemen“ zu finden und am Heck bekamen die beiden inneren Rückleuchten mit einem kleinen runden Rückfahrscheinwerfer.

Mehr Hubraum für die Small Blocks

Unter der Haube tat sich aber einiges: So wurde der bewährte 327er auf 350 ci gestroked, zwar hatte der Small Block dieselben Leistungen, kam aber mit einer niedrigeren Verdichtung aus. Beim 427er blieb alles beim Alten. Die Verkäufe im 69er Modelljahr hingegen schossen nach oben, um 10.000 Einheiten auf 38.762 Exemplare – ein Rekord, der bis in das Modelljahr 1976 Bestand haben sollte.

Redesign: Eckig statt Rund – vorne wie hinten

Ein Streik der Fabrikarbeiter sorgte für eine Verspätung beim Bau und Auslieferung der 70er Corvette, ganze zwei Monate kam das amerikanische Auto später in die Dealer Showrooms, was sich logischerweise auch im Umsatz niederschlug. Die Veränderungen zum 70er Modelljahr waren nur Kosmetik. So wich der Strebengrill einem Wabengrill, „Egg Crate“ genannt, auch die seitlichen Lüftungsgitter kamen in Gitter- anstelle Streben-Optik. Am Auffälligsten ist aber sicherlich der Wechsel von den kleinen runden Blinkern mit klaren Gehäusen hin zu den eckigen Fahrrichtungsanzeigern mit gelben Linsen. Im Übrigen änderte man die Auspuffenden auch von rund auf eckig.

Mehr Hubraum für die Big Blocks

Im Innern waren die Sitze für besseren Seitenhalt und mehr Kopffreiheit überarbeitet worden. Bei den Motoren gab es wiederum die größten Änderungen, der Basismotor blieb bestehen, der Big Block wurde aber wie im Vorjahr der Small Block erweitert. So strokte man bei GM den 427er auf 454 ci Hubraum, der 390 PS leistete – was allerdings im Nachhinein als letztes Aufbäumen verstanden werden kann, bevor GM die Leistungen aufgrund der 91-Oktan Regelung und dem Einsatz von „katalytischen Konvertern“ (Kats) immer mehr herunternehmen musste.

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Die 71er Corvette kam somit mit geringer verdichteten Motoren, der Small Block mit 350 ci lief mit milder 8,5:1 Kompression und leistete nur noch 270 PS, der potentere LT1 lag bei 9,0:1 und immerhin noch 330 PS (statt 370). Auch die Big Blocks kamen nicht ungeschoren davon, so lieferte der LS5 nur noch 365 PS - der Alu-LS6 aber blieb bei der Regular Fuel Politik außen vor und leistete noch 425 PS. In Sachen Styling und Ausstattung änderte sich nicht signifikantes..

1972 – Der Leistungswahn hat ein Ende

Auch im 72er Modelljahr wurde die Low-Compression-Politik weitergefahren, ab dem 72er Modelljahr wurden zudem die Leistungsangaben statt in bhp (brutto horse power) in SAE „net“ angegeben, waren also netto etwas geringer, aber auch realistischer als die bisherigen Brutto-Angaben, weil die Verluste durch Aggregate wie Wasserpumpe, Lichtmaschine etc berücksichtigt wurden. So hatten die 72er Small Blocks nur noch 200 PS bzw. 255 PS (LT1) und der 454er Big Block gerade mal 270 PS!

„Rot und Schwarz sind sie alle“

Unter der Haube des hiergezeigten Modells, das sich nach langer Suche im Besitz von Edgar Fiebig befindet, steckt keiner der drei Motoren. Der originale Motor war allerdings beim Kauf mit dabei, so dass man den Wagen wieder zu „Numbers Matching“ machen könnte. Doch erst einmal will der 50-Jährige fahren! Zu lange dauerte die Suche nach einem geeigneten Exemplar! Es sollte eine C3 Corvette sein, allerdings noch einer mit Chrom-Stoßstangen! „Zwei Jahre später und nach hunderten von gefahrenen Kilometern in Europa stand sie da“, erinnert sich Edgar, „in einer 70er Jahre Farbe, die man liebt oder hasst“, und fügt hinzu: „rot und schwarz sind alle!“.

Edelbrock-Performance beim Survivor?

Anstelle des einfachen 350ers arbeitet in der 72er Corvette in der schicken Farbe „War Bonnet Yellow“ ein auf 383 ci erweiterter Small Block, der dank Edelbrock-Equipment – angefangen beim Vergaser über Ansaugbrücke bis hin zu Zylinderköpfen – auf rund 280 Pferdestärken kommt.

Zwei Jahre dauerte die Suche nach dem US-Car

"Äußerlich und technisch war sie unverbastelt", erklärt Edgar, "den Innenraum habe ich bis auf das Dashboard mit originalen NOS Teilen restauriert", denn die Sitze und Türverkleidungen waren nicht in "Dark Sattle Custom Leather" sondern im falschen Farbton und schlecht bezogen.

Edgars Freund und C3 Spezialist Frank Hohl von corvette-online.de machte den Hertener auf diese Vette aufmerksam. Beim Besichtigungstermin im saarländischen Friedrichsthal stand das amerikanische Auto in einem unverbastelten Zustand mit nur 40.000 mls da. Das US-Car war als so genannter Survivor aus Kalifornien importiert worden, lediglich ein kleiner Lackschaden wurde mal – aber sehr professionell und so gut wie unsichtbar – ausgebessert.

Mit der 72er genießt man das schöne Wetter - frau auch...

Original kam die Vette mit einem Satz Sidepipes, die waren dem Hertener Rechtsanwalt aber dann doch zu viel des Guten. Dafür behandelt Edgar seine 72er Corvette einem Survivor entsprechend und nutzt diese für Schönwetterfahrten mit seiner Gattin Gabriele. Doch auf das Corvette-Fahrer muss der 50-Jährige zum Glück bei schlechtem Wetter nicht verzichten, fährt Edgar doch eine 2008er C6 Cabriolet im Alltag…



Text & Fotos: Thomas Frankenstein / AmeriCar.de

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AmeriCar-Facts:

1972 Chevrolet Corvette Stingray



Antrieb: OHV-V8, 350 ci auf 383 ci gestroked, 6275 ccm, 280 PS, 380 Nm, Edelbrock-Vierfachvergaser, Edelbrock-Zylinderköpfe, Edelbrock-Ansaugbrücke, Viergangschaltgetriebe, Heckantrieb, Achsübersetzung 3,08:1

Fahrwerk: Vorne Einzelradaufhängung mit Schraubenfedern, Gasdruckdämpfer, Scheibenbremsen, Stabilisator; Einzelradaufhängung hinten, Querblattfeder, Stabilisator, Scheibenbremsen

Räder: 8x15“-Stahlfelgen „Rallye Wheels“ mit Marschall 255/60 R15

Sonstiges: Survivor, Farbe: „War Bonnet Yellow“, Stückzahlen: 20.486 Coupés (5472 $), 6508 Cabriolets (5246 $)

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2 Kommentare

  • maseratimerlin

    Maseratimerlin

    Dem kann ich mch nur anschließen, Thomas. Danke. Gruß Edgar
  • Sommersprosse

    Sommersprosse

    Hi Thomas, da hast Du einen tollen Bericht und super Fotos von unserer Corvette C3 gemacht. Grüße von Anwalts Liebling

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