Diese beiden C2 Corvetten sind ein lebender Beweis, dass es nicht immer nur um das Äußerliche geht. In einigen, wenigen Fällen zählen die inneren Werte...

Die Idee hinter den beiden Vetten entstand in einer Sauna. Die beiden finnischen Freunde Tomi und Joni genossen gerade die 100° C Hitze, nahmen ein paar Bierchen, entspannten dabei und ließen ihren Gedanken freien Lauf. Beide hatten einen 63er Chevrolet Corvette Roadster in der Garage stehen und kamen auf die Idee den Motor aus der neuen Z06 in diese zu implantieren. Keine schlechte Idee, da es bereits 1963 die Z06-Version als Factory-Option gab.

Die originalen 63er Z06 waren mit ein paar extra Goodies ausgestattet, darunter mit der wohl interessantesten Option, die einen zweiten Benzintank offerierte. Ideal für Langstrecken-Rennen, in denen viele 63er Z06 unterwegs waren. 38 Jahre musste die Fans warten bis es mit der Corvette C5 wieder eine Z06-Version geben sollte.

War es die Hitze oder das Bier?

War es die Hitze oder das Bier? Die beiden Finnen wissen es nicht oder können sich zumindest nicht erinnern..., aber in der Sauna fiel definitiv die Entscheidung, nur noch die nackten Karosseren und die Chassis der 63er Vetten zu nutzen. Alles andere sollte mit den best möglichen Teilen neu entwickelt werden. Nicht einfach und ohne Frage auch nicht günstig, aber 'am Ende ist es nur Geld' – meinen die beiden Finnen.

Die 5,7-l-Motoren der modernen Z06-Version waren aber nicht so einfach zu besorgen. Über ein Jahr brauchten die beiden Corvette-Fans, um von Chevrolet die 405 PS starken LS6-Antriebe zu bekommen. Die Z06 war seinerzeit ein echter Verkaufshit in den USA und die Amerikaner hatten wohl nicht die Zeit, zwei Motoren an Kunden zu schicken, die in einem Land wohnen, von dem diese wahrscheinlich noch nicht gehört hatten – Finnland? Hm, ist das nicht irgendwo bei Minneapolis? - Natürlich nicht!

Doch nicht nur die Motoren waren komplett neu, auch die Kraftübertragungen – Tremec T56 Sechsgang-Schaltgetriebe mit Dana-44-Hinterachsen aus einer Corvette C4 und passenden Scheibenbremsen der 96er Grand Sport.

Alle benötigten Teile wurden über das finnische GM Händlernetz bezogen – natürlich kamen nur neue Teile in Frage! Auch bei den Rädern machten die Finnen keine Kompromisse und so bekam die eine Corvette einen Felgensatz einer 96er Corvette und die andere Budnik Wheels – wegen den großen Bremsen natürlich in 17 Zoll.

Die Interieure der beiden Corvetten sehen so original aus wie möglich. Gut, Lederpolsterung, modernere Instrumente und ein zu den Rädern passendes Lenkrad mussten es dann aber doch sein!

Zunächst wurden die Karossen von den Rahmenteilen abgehoben, die nach 40 Jahren verständlicherweise vor der Weiterbearbeitung entsprechend überholt wurden. Und so wurden die Chassis gereinigt, vermessen, verstärkt und für die Aufnahme des Motors und Getriebes umgebaut. Wieviele Stunden Arbeit dabei abgespult wurden, können die beiden Finnen nicht mehr nachhalten – zum Glück sind die Tage im Winter in Finnland kurz und die Nächte lang ;-)

Hi-tech unter klassischem GfK!

In einigen dieser Nächte wanderten auch die Dana-44-Hinterachsen an ihre Positionen. Die Vette mit den Budnik-Rädern kommt dabei mit einer kurzen 4,09:1-Übersetzung, die andere mit einer 3,75er. Die Aufhängungen für die Einzelradaufhängungen mussten die beiden neu konstruieren. Dabei verwendeten Tomi & Joni Blattfedern aus Verbundwerkstoff und Bilstein-Stoßdämpfer für einen guten und sportlichen Fahrkomfort. Die vorderen Achsen sind bei den Zwillingen unterschiedlich.





Bild anklicken und das Detail in voller Größe sehen!

Tomi's Corvette mit dem Z06-Kennzeichen kommt mit vielen Standard-Motorsportteilen aus Aluminium und Federbeinen von der Firma Speed Direct, Joni's Vette ist aber ein echtes Meisterstück. Jedes Teil wurde sorgfältig sondiert und vermessen, um die perfekte Fahrhöhe und Lenkgeometrie zu ermitteln. Alle Daten kamen in ein CAD-Programm und resultieren in den gefrästen Fahrwerksteilen aus Aluminium.

Auch die Benzinversorgung der beiden Corvetten wurden geändert, beide Roadster bekamen eine Rock Valley Benzin-Einspritzung und neue Benzintanks. Des Weiteren erhielt Tomi's Roadster eine Borla-Auspuffanlage in 2,5“ und aus Edelstahl während die Vette von Joni eine Auspuffanlage aus C5-Fächerkrümmer, 3“-Edelstahl-Rohre mit Flowmaster RTS 40-Schalldämpfern zusammengebaut bekam.

Die Viertelmeile in 11.88 s!

Dass all diese Arbeiten natürlich nicht in den heimatlichen Garagen der Finnen erledigt wurden ist klar, Hilfe kam von der Firma AM Works, die die Specialanfertigungen umsetzte und sich auch abschließend um das „Test & Tune“ der beiden Corvetten kümmerte.

Erst danach und nach der (Wieder-)Zulassung konnten die beiden Finnen auf die Straße. Zuvor wollten die beiden aber auf die Rennstrecke. Auf dem nahen Alastaro-Dragstrip fuhr Tomi seine Z06-Corvette eine 11,88 s-Zeit auf der Viertelmeile mit alltäglichen Michelin 235/50 R17 Straßenreifen – nicht schlecht! Und auch wenn es nicht immer auf die Äußerlichkeit ankommt, die zweieiigen Z06-Zwillinge können sich in Helsinki's Straßenverkehr auf jeden Fall sehen (und hören) lassen...



Text: Heikki Malinen, Thomas Frankenstein

Fotos: Heikki Malinen



Mehr "Corvette" auf AmeriCar.de hier!

AmeriCar-Facts

63er Chevrolet Corvette „Z06“

Antrieb: OHV-V8 (LS6), 350 ci, 5.665 ccm, 405 PS @ 6000 U/min, 542 Nm @ 4800 U/min, Rock Valley-Benzin-Einspritzung, Doppelrohr-Auspuff; Sechsgang-Schaltgetriebe (Tremec T56), Heckantrieb

Fahrwerk: Vorne Einzelradaufhängung, Federbeine, Stabilisator, 13“-Scheibenbremsen, hinten Einzelradaufhängung (Dana 44), Bilstein-Gasdruckdämpfer, Querblattfeder, 12“-Scheibenbremsen

Räder: 17“-Leichtmetallfelgen auf Michelin 235/50 R17

Sonstiges: Rahmen verstärkt, Achsteile modifziert

Innenraum: Lederpolsterung, Autometer-Instrumente

43 Bilder Fotostrecke | Z06-Zwillinge: 63er Corvette Roadster im Doppelpack / © Heikki Malinen: Moderne Technik in alter Hülle #01 #02