Zum Fahren gebaut - 1964 Dodge Polara

Amerikanisches Auto als gepflegter Teilzeit-Daily

Zum Fahren gebaut - 1964 Dodge Polara: Amerikanisches Auto als gepflegter Teilzeit-Daily
Erstellt am 11. November 2011

Bei seiner Markteinführung entsprach der Dodge Polara optisch dem „Forward Look“, den Chefdesigner Virgil Exner so sehr verfolgte. Die Front zierte ein kleiner Kühlergrill kombiniert mit einer großen Stoßstange und die Scheinwerfer waren aus stilistischen Gründen überdimensioniert. Auch Heckflossen hatten bei Virgil Exner’s Designideen einen obligatorischen Platz, ebenso wie ausgiebiger Gebrauch von Chromteilen. Jedoch fand dieser Look Anfang der Sechziger Jahre bei nur wenigen Kunden Anklang. Heute jedoch kann sich Thomas Stengel aus Overath bei Bergisch Gladback an einem solchen amerikanischen Auto erfreuen.

Der Name Dodge Polara erschien bereits im Jahre 1960. Als Bezeichnung für Dodge-Modelle der Oberklasse fand er sogar bis 1973 Verwendung. In den Jahren 1961 und 1962 versuchten sich Dodge und Virgil Exner an Schadensbegrenzung und einer Größenanpassung ihrer Fahrzeuge. Der Dodge Polara wurde umgesiedelt und befand sich nun im Segment der Mittelklasse. Marktführer Chevrolet hatte das „downsizing“ seiner Modelle angekündigt, weshalb sich die Designer von Dodge komplett umstellen und ihre Ideen auf wesentlich kompaktere Karosserien anwenden mussten.

Verkaufseinbußen bei Dodge und Chrysler

Als Chevrolet seine neuen Modelle des Jahres 1962 tatsächlich vorstellte, staunten die Verantwortlichen der Chrysler Corporation nicht schlecht, war es doch weniger ein „Downsizing“, sondern ein komplett neues Segment, welches die amerikanische Automarke erschloss. Anstatt die Full-Size-US Cars Biscayne, Bel Air und Impala zu schrumpfen, stellte Chevrolet mit dem Nova ein völlig neues Auto vor. Das Resultat waren Verkaufseinbußen bei Dodge und Chrysler, da sich für die verkleinerten Full Size Modelle kaum Kunden fanden. Ein Sündenbock wurde gesucht und mit Virgil Exner auch gefunden, der seine Arbeit nach Gestaltung des Modelljahrs 1962 beendete. Sein Nachfolger am Zeichenbrett von Dodge war Elwood Engel.

Jedes Jahr auf‘s Neue

Der neue, kleinere Dodge Polara wurde mit gewagtem Design im Modelljahr 1962 eingeführt und war zuerst nur als zweitüriges Hardtop Coupe erhältlich, ein paar Monate später konnten auch ein Viertürer und ein Cabrio bestellt werden. In den folgenden Jahren wechselte das Design des Polara jährlich. Das Modelljahr 1964 zeichnet sich durch den breiten Grill mit senkrecht angeordneten Rippen und den vier Scheinwerfern aus, wobei die beiden äußeren durch Ringe größer wirkten. Die Stoßstange mit den dreieckigen Blinkergläsern schlängelt sich unter den äußeren Lampen hindurch und reicht bis um die Ecken der Kotflügel.

Unter einem „Dach“

Im Heckbereich finden sich sechs quadratische Rückleuchten, die innere jeder Seite in weißem Glas. Die mittige Zierleiste der Motorhaube wird im Heck nicht weitergeführt, stattdessen gibt es zwei Leisten auf der Heckklappe, welche das Kofferraumschloss-Emblem einrahmen. Highlight des Exterieur-Designs ist jedoch die Dachlinie beim zweitürigen Hardtop Coupe. Die Designstudios von Plymouth und Dodge traten in einem internen Wettbewerb an, wobei die Gewinnerstudie aus dem Hause Plymouth ihren Weg an das amerikanische Auto fand.

Handwerker-Reparatur

Das hier gezeigte, zweitürige 1964 Dodge Polara Hardtop Coupe befindet sich im Besitz von Thomas Stengel aus Overath. Das in der Originalfarbe „Medium Turquise Poly“ lackierte US-Car erstand Thomas im amerikanischen Bundesstaat Maryland. „Ich war auf Geschäftsreise und habe den Wagen im Internet gefunden“, sagt der Ingenieur. „Nachdem der Termin ausgemacht war, bin ich rund 1200 Meilen zu einem Parkplatz in Westminster gefahren und hab den Kauf kurz darauf klar gemacht.“ Der Zustand des Polara war zwar in Ordnung, jedoch hätte das amerikanische Auto den deutschen TÜV-Prüfern die Kinnlade herunterklappen lassen.

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„Der Vorbesitzer war wohl Installateur, das konnte man an den verwendeten Materialien erkennen.“ Dass guter Wille mit technischen Kenntnissen einher gehen sollte, zeigte der abenteuerliche Tankumbau mit Spritleitungen aus dem Installateurhandel und einer leckenden Benzinpumpe, welche direkt über dem Auspuff verlief. Glücklicherweise erstand Thomas beim Kauf auch Originalteile und Neuteile dazu, welche die korrekte Wiederherstellung des Zustands erleichterten.

Austauschtriebwerk

Herzstück des Dodge Polara ist ein großer V8 Motor mit 7,2 Liter Hubraum mit rund 390 PS Leistung und 610 Newtonmetern Drehmoment. „Der 440 ci Austauschmotor wurde auf‘s erste Übermaß aufgebohrt und hat deshalb ein wenig mehr Hubraum als ursprünglich. Den originalen 383 ci Motor habe ich auch noch erstanden, somit sind alle Anbauteile für den Originalzustand griffbereit.“ Ein Vierfachvergaser der Marke Demon kümmert sich um das Gemisch, während die Abgasanlage von Magnaflow das Ausatmen erleichtert.

Wer im Inneren des Polara einen Schalthebel zur Ansteuerung der Drei-Stufen-Automatik erwartet, sucht vergeblich, werden die Fahrstufen beim 64er Dodge doch per „Push-Button“ eingelegt.

Das Fahrwerk des Polara besteht aus zeitgenössischer Sportlichkeit mit Einzelradaufhängung und Scheibenbremsen an der Vorderachse und einer Starrachse mit Trommelbremsen im Heck. Anstatt mit glänzenden Felgen neuen Glanz an den Polara zu bringen, entschied sich Thomas für die Old School Variante mit 15“ Stahlfelgen in Wagenfarbe. Firestone Pneus in den Dimensionen 235/60 an der Vorderachse und 255/60 an der Hinterachse sorgen für genügend Grip.

Von allen Seiten original

Im Interieur finden sich kaum Änderungen oder Erneuerungen, lediglich ein Panel mit Zusatzinstrumenten zur Überprüfung des Zustands des Triebwerks findet sich. Die nachträglich installierten Schalter für die Benzinpumpe sind ohne Funktion. Ansonsten befinden sich sowohl der Zierchrom des Armaturenbrettes, sowie auch die Bestuhlung in originalem Zustand. Sogar ein Mittelwellenradio Baujahr 1963 lässt sich erspähen. Vielleicht ist es ja auch die geringe Laufleistung von rund 83.500 Meilen, welche den guten Zustand des amerikanischen Autos erklärt.

Fakt ist jedenfalls, dass Thomas den Polara bei jeder sich ergebenen Möglichkeit auf der Straße bewegt. „Ich fahre mit dem Wagen regelmäßig zu US-Car Treffen und außer im Winter auch manchmal im Alltag.“ Denn zum Fahren sind US-Cars gebaut.



Text und Fotos: Joel Weyers

AmeriCar-Facts:

1964 Dodge Polara



Antrieb: OHV-V8 (Austausch), 440 ci, 7295 ccm Hubraum (Übermaß), ca. 390 PS, 610 Nm Drehmoment, Demon-Vierfachvergaser, Chrom-Luftfilter, Mopar Ventildeckel; Drei-Stufen Automatikgetriebe Torque-Flite TF-727, Hinterradantrieb

Fahrwerk: Vorne Einzelradaufhängung, Drehstabfedern, Öldruckdämpfer, Stabilisator, Scheibenbremsen; Hinten Starrachse, Blattfedern, Öldruckdämpfer, Trommelbremsen

Räder: original 15“ Stahlfelgen in Wagenfarbe lackiert mit Firestone Reifen in den Dimensionen 225/60 vorne und 255/60 hinten

Sonstiges: nur 83.500 Meilen Laufleistung, beinahe Originalzustand,

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