Heckflossen-Monster? 1959er Chevrolet Bel Air

Back to the Fifties: Unrestaurierter Chevy

Heckflossen-Monster? 1959er Chevrolet Bel Air: Back to the Fifties: Unrestaurierter Chevy
Erstellt am 21. November 2008

Die größten Heckflossen aller Zeiten ordnet man bisher dem 59er Cadillac zu, doch das stimmt nicht so ganz. Der Cadillac hatte zwar die höchsten Heckflossen, nicht jedoch die längsten. Die hatte eindeutig der 1959er Chevy. Zudem waren es die einzigen Flossen die quer lagen. In senkrechter Lage würden die Fins übers Dach hinaus ragen. Aber die Konstrukteure um Harley Earl legten sie quer und nannten sie „Spread Wings“. Im Volksmund hießen sie jedoch Batwings, Fledermausflügel. Nun, die Ähnlichkeit ist nicht zu verleugnen.

Die 57er Modelle sind heute eine der Gefragtesten überhaupt, jedoch sprachen die damaligen Verkaufszahlen eine andere Sprache. Ein Grund für Ingenieure und Designer, Technik und Optik der Zeit anzupassen. Die Heckflossen der 58er Modelle waren nicht mehr so steil wie im Jahr davor und fielen im 45° Winkel von der Karosserie weg, es fehlte ihnen jedoch der elegante Schwung, der erst mit den 59er Modellen kommen sollte.

Bigger is better

Der Chrom fiel nicht mehr so üppig aus und trotz größerer Abmessungen wirkten die neuen Modelle sportlicher und leichter, vor allem von innen, dank der um 50% größeren Glasflächen. Hinten kam die Starrachse nun mit Schrauben- statt Blattfedern zum Einsatz und die Motorleistung stieg von 283 PS auf 315 PS. Im Modeljahr `59 wurden ein Dutzend Motorvarianten angeboten, deren Leistung zwischen 135 PS und 335 PS lagen.

Harley Earl war als Designdirektor verantwortlich für das Design bei GM. Unter seiner Federführung entstanden auch die Vorgängermodelle wie etwa der legendäre 57er Bel Air. Im ständigen Zweikampf mit seinem Erzrivalen Virgil Exner, der Designchef bei Chrysler war, gelang ihm jedoch ein Designklassiker: Die Heckflossen des 59er Cadillacs sind bis heute die größten und komplexesten der Automobilgeschichte. Doch einen Cadillac konnte sich nicht jeder leisten und deshalb beschloss man, mit dem 59er Model die Konkurrenz in den Schatten zu stellen.

GM wollte einen Chrysler-Killer!

Und so konnten die Styling-Teams bei GM ihren Ideen freien Lauf lassen. Die Ergebnisse waren entsprechend. „Grenzen gab es bewusst keine“ erzählte Clare McKichan. Der damalige Chef der Chevy-Studios, „bei einem Entwurf saßen die Scheinwerfer in der Mitte übereinander und außen nur die Standlichter. Gott sei Dank starb dieser Entwurf bald, vor allem angesichts des Desasters mit dem Edsel.

Wenn die Styling-Leute beim GM-Jahrgang 1958 den Chrom mit der Kelle aufgeschaufelt hatten, wie GM-Chefdesigner Bill Moore es einmal formulierte, so müssen eben mit dieser Kelle die grotesken Heckkotflügel des 59er Chevys modelliert worden sein, die laut Tester Tom Piper McCahill, der nie um einen Spruch verlegen war, „groß genug waren, um mit einer Piper darauf zu landen.“ Dementsprechend groß war auch der Kofferraum. Der Rest war aber dann weit gehend normal gehalten.

Biscayne, Bel Air & Impala

Als Reaktionen auf den Erfolg von 1958 wurde der Impala nun zur eigenständigen Luxus-Modellreihe mit acht Modellen in vier Karosserievarianten; zum Cabrio und Sport Coupé gesellten sich noch die Viertürer-Limousine und ein Sport Sedan-Hardtop. Bel Air und Biscayne rückten folgerichtig in der Hierachie eins nach unten. Kombis gab es in zehn verschiedenen Variationen, eine mehr als 1958. Preislich erstreckte sich das Programm vom Sechszylinder-Biscayne Utility Sedan für 2.160 $, bis hin zum viertürigen Nomad V8-Kombi für 3.009 $.

Der 59er Bel Air war das letzte Auto, das Harley Earl für GM entwarf, bevor er in den wohlverdienten Ruhestand ging. Und es war eines der erfolgreichsten Modelle überhaupt, denn gegenüber 1958 verkaufte GM 200.000 Einheiten mehr. Ein Ergebnis, wovon Automobilmanager heutzutage nur noch träumen können.

Ein Überlebender

Heinz Mettler, entdeckte den Bel Air 2007 in Arizona auf einer Tour über die legendäre Route 66. Der Trierer hat sich seit seiner Kindheit für US-Cars interessiert und einige Schmuckstücke des amerikanischen Automobilbaus in seinen heiligen Hallen stehen. Doch dieser 59er Bel Air 2 door-sedan ist etwas ganz besonderes, denn es ist eines der wenigen sehr gut erhaltenen Originale. Kein Wunder, denn als Heinz ihn erwarb hatte der Wagen nur 49.775 Meilen auf der Uhr stehen.

Die Vorbesitzer hatten den Wagen mehr geputzt wie gefahren, selbst der Lack ist, bis auf einige kleine Ausbesserungsarbeiten, noch der von 1959. In Amerika wurde dieser Wagen mehrfach zum besterhaltenen 59er Chevy Bel Air ausgezeichnet. Und auch auf den heimischen Meetings gewinnt der Bel Air regelmäßig einen Pokal. Doch nicht nur der Bel Air wurde daheim in Arizona gehegt und gepflegt.

Seine Garage musste der 59er sich mit einem 68er Doge Dart GT teilen, dessen Zustand nicht minder war. Doch nun steht die Garage leer, denn Heinz nahm den Dodge gleich mit. Aber das ist eine andere Geschichte...



Text und Fotos: Uwe Weber

AmeriCar-Facts

1959 Chevy Bel Air 2-dr Sedan



Antrieb: OHV-V8, 348 ci, 5.735 ccm, Tripower-Vergaseranlage, 280 PS bei 4.800 U/min; Zweistufen-„Powerglide“-Automatikgetriebe, Heckantrieb



[/b]Fahrwerk:[/b] Einzelradaufhängung vorne mit Schraubenfedern, Gasdruckdämpfern, Trommelbremsen, Starrachse hinten mit Längslenkern, Schraubenbremsen, Gasdruckdämpfern, Trommelbremsen



[/b]Räder: [/b]14“-Stahlfelgen mit Radkappen auf 7,50 x 14“



Sonstiges: unrestaurierter Originalzustand (“Survivor”)

47 Bilder Fotostrecke | Heckflossen-Monster? 1959er Chevrolet Bel Air: Back to the Fifties: Unrestaurierter Chevy / Fotos: © Uwe Weber #01 #02

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