Während der Hochzeiten der Detroit Dream Cars war der Besuch der alljährlichen Autoshow Pflichtprogramm, wollte man sehen, wie man in Zukunft Autofahren würde. Hier gab es die letzten Styling-Trends, Innovationen und Fortschritte in der Entwicklung am besten zu beobachten. Dabei konnten die Ingenieure schon seinerzeit mit heute noch innovativen Gadgets wie automatisches Einparken oder ein Platz zum Kochen im Auto aufwarten.
Design by Exner
Virgil Exner, Vize Präsident in der Design-Abteilung bei der Chrysler Corporation, baute seinerzeit einen neue Schule für Automobildesign auf. Sein Forward Look dominierte damals das Styling der Modelle der Marken Chrysler, Plymouth, DeSoto und Dodge. Die guten Verkäufe nach dem Krieg waren u.a. auch sein Verdienst, weil Exner seine Visionen in die Wirklichkeit transportierte. Nicht nur in den USA, auch weltweit, zogen die Exner-Autos viele Blicke auf sich.
Eines der am stärksten wachsenden Segmente im Automobilbereich in Mitte der 1950er Jahre waren die Stationwagons. Exners Antwort auf diesen Trend war sein Plainsman genanntes Dream Car. Die verantwortungsvolle Aufgabe, seine Phantasien umzusetzen, hatte wie so oft in den 50s die italienische Firma Ghia. Das ganze Auto basierte allerdings auf einem funktionierenden Chassis mit komplettem Antriebsstrang.
Typisch US-Car Concept: Jede Menge Gimmicks
Der Plainsman kam in einer bestechenden Lackierung in Bronze Metallic mit Elfenbein-farbenem Dach, dazu kam das amerikanische Auto mit viel Edelstahl und Chrom. Die Scheinwerfer sind wie in einem separaten Gehäuse mit Schirmchen untergebracht während ein geteilter Frontgrill für ausreichende Luftzufuhr für den 440 ci-Big Block sicherstellte. Ansonsten wurde die Front von einer massiven Chromstoßstange mit runden, angedeuteten Lufteinlässen an den äußeren Enden dominiert. Die Rückleuchten an diesem US-Car Wagon nehmen das Gehäuse-Design der Front auf, sie sitzen in den äußersten Ecken, eine davon versteckt zudem den Tankeinfüllstutzen.
Der Plainsman war ein Zweitürer mit breiter B-Säule, die oben breiter als unten war und einen Stierkopf als Logo trug. Im Innern bot der Lifestyle-Kombi Sitzmöglichkeiten für bis zu acht Personen auf drei Bänken, von denen die hinterste gegen die Fahrtrichtung montiert war. Der Zugang zu dieser elektrisch verstellbaren Bank, die trendsetzend war und später als Spectator Seat bekannt wurde, erfolgte über das elektrisch bedienbare Tailgate - für Die Polster dieser Bänke waren in Leder ausgeführt, das von ungeborenen Kälbern stammt unglaublich, aber (leider) wahr!
Sitzbezüge von ungeborenen Kälbern
Dieses außergewöhnliche Concept Car war natürlich auch ein Testmodell für die Features der Serienfahrzeuge der Marken Plymouth, DeSoto, Dodge und Chrysler.
Neben den besonderen Rücksitzen war die Unterbringung des Reserve-Rades zukunftsweisend, den es lag nicht mehr im Kofferraum im Weg sondern war unter einer Abdeckung im rechten hinteren Seitenteil versteckt.
So konnte der Plainsman einen großen Stauraum offerieren, der sich mit heruntergeklapptem Tailgate und umgeklappten Rücksitzen erweitern ließ. Bis zu 2,10 m lange und 1,50 m breite Teile konnten so verstaut werden. Genug Platz für ein großes Pick-Nick, Sport-Equipment, Einkäufe oder Gartengerätschaften
Die Amerikaner waren begeistert, der Plainsman regte überall wo er auf der Bühne stand, für Aufsehen! Doch wie es mit vielen Concept Cars nun einmal so ist, irgendwann verschwinden sie von der Bildfläche. Im Gegensatz zu den meisten dieser meist trendsetztenden US-Cars blieb der Plainsman allerdings von einer Verschrottung verschont. Weil die Karosserie des Plainsman bei Ghia in Italien gebaut wurde, musste der Wagen die Staaten entweder nach 18 Monaten wieder verlassen oder Chrysler Zoll auf diesen bezahlen.
Die Geschichte des Plainsman nimmt ihren Lauf...
Deshalb wurde der Plainsman 1957 nach Kuba exportiert und an den Präsident der kubanischen Bank verliehen, der diesen zunächst als Familien-Auto nutzte und später an den in Cuba lebenden Chrysler Export Manager verkaufte. Dieser musste allerdings wegen der kubanischen Regierung und Fidel Castro fliehen und so nahm er den Plainsman mit in die USA. In den 60er Jahren nahm dieser Manager einen Job in Australien an und er wollte den Plainsman mitnehmen, doch australische Gesetze machten einen Umbau auf Rechtslenker nötig. Auch unter der Haube wurde damals etwas umgebaut: Anstelle des Chrysler Special V8 kam ein moderner 440 ci-Big Block in den amerikanischen Kombi. Seinen Weg zurück in die USA machte das Concept Car erst, als der Export Manager in Ruhestand ging.
Dort wurde der Chrysler rund 20 Jahre als Familienkutsche genutzt, bevor ein privater Sammler den Wagen erstand und wieder auf Linkslenker umbauen ließ. Das war allerdings die einzige Modifikation, so dass sich der Plainsman in nahezu unrestauriertem Originalzustand befindet sieht man mal von dem 440er ab.
Und am Ende dieses Berichtes steht, fest: Dieses Concept Car war nicht nur seiner Zeit voraus, es kann mittlerweile auf eine lange Zeit und Geschichte zurückblicken
Text: Thomas Frankenstein / AmeriCar.de
Fotos: Darin Schnabel, Archiv
AmeriCar-Facts:
1956 Chrysler Plainsman Concept Car by Ghia
Antrieb: OHV-V8, 440 ci, 7211 ccm, 375 PS; Dreistufen-Automatik (TF-727), Heckantrieb
Fahrwerk: Vorne Einzelradaufhängung, Trommelbremsen; Hinten Starrachse, Trommelbremsen
Sonstiges: One-Off, Concept Car
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